Studie entfacht Diskussion: Wie umweltfreundlich ist LNG wirklich?

LNG sorge für bis zu 82 Prozent höhere Treibhausgasemissionen als Marinediesel: Dies unterstellt der NABU unter Berufung auf eine Studie des International Council on Clean Transportation (ICCT) dem zurzeit vermehrt verbauten Flüssigerdgas-Antrieb. Experten aus der Schifffahrt sind bislang anderer Meinung und sehen die Zukunft in der Verwendung synthetisch erzeugtem Bio-LNG.

Foto: Tobias Bruns

Der ICCT-Bericht untersucht die Treibhausgasemissionen aus Schiffskraftstoffen über den gesamten Lebenszyklus, einschließlich der unbeabsichtigten Freisetzung von extrem klimaschädlichem Methan aus Schiffsmotoren, der sogenannte Methanschlupf. Die Autoren fanden heraus, dass die Verwendung von LNG die Klimawirkung der Schifffahrt im Vergleich zu Marinediesel tatsächlich verschlechtern kann, wenn man die Emissionen betrachtet, die über einen Zeitraum von 20 Jahren emittiert werden würden.

“Der Wechsel von Schiffen zu LNG ist sogar klimaschädlicher, als so weiter zu machen wie bisher. Die Studie muss ein Warnsignal für die Internationale Seeschifffahrtsorganisation sein. Sie muss jetzt handeln, um alle Treibhausgasemissionen in ihre Strategie zur Emissionsreduzierung einzubeziehen. Die Schifffahrtsexperten des NABU fordern deshalb, dass Investitionen, die heute getätigt werden, konsequent in klimafreundliche Antriebstechnologien fließen müssen. Höherer Effizienz, Windunterstützung, Batterien, Brennstoffzellen und synthetischen Kraftstoffen aus erneuerbarem Strom gehört die Zukunft. LNG ist heute ein schädlicher Irrweg und taugt auch nicht als Brückentechnologie, wenn der Treibhausgasausstoß gegenüber dem Status Quo sogar ansteigt,” heißt es von seiten der Umweltorganisation NABU.

Die Emder Reederei AG Ems, die unter anderem mit der Borkumfähre MS Ostfriesland bereits seit 2015 mit LNG unterwegs ist, wehrt sich gegen die Studie.  Für sie gelten die Aussagen der Motorenherstellter, wie der Leiter nautisch-technischen Inspektion der Reederei Claus Hirsch, gegenüber der Emder Zeitung sagt. Der Weg zum LNG-Antrieb sei geebnet und sollte uns nicht von einzelnen Untersuchungen madig gemacht werden. “Wenn man nicht anfängt kommt man überhaupt nicht ans Ziel” wird er in der Lokalzeitung zitiert.

Foto: Tobias Bruns

Auch die Kreuzfahrtbranche sieht Flüssigerdgas bislang als den saubersten fossilen Brennstoff der Welt an. Er eliminiere nahezu Schwefeldioxidemissionen (Null-Emissionen) und Partikel (95-100% Reduktion). Auch die Emissionen von Stickoxiden (direkte Reduktion von 85%) und CO2 (Reduktion von bis zu 20%) werden erheblich reduziert. Dr. Hermann J. Klein, Managing Director der Carnival Maritime GmbH, sieht übereinstimmend LNG nicht als Ende der Entwicklung an. Die Reederei forsche mit Hochdruck an innovativen Antriebsmöglichkeiten, sagte er auf einer Pressekonferenz vor wenigen Wochen. Schon in absehbarer Zeit sollen dazu syntethisch erzeugtes LNG, aber auch Brennstoffzellen und Batterien zählen.

Alleine auf der Meyer Werft in Papenburg sowie in Turku stehen bis 2024 aktuell 13 Schiffe in den Auftragsbüchern, die mit LNG angetrieben werden sollen. In diesem Jahr werden dabei die letzten beiden Kreuzfahrtschiffe mit konventionellem Antrieb ausgeliefert.

->> Studie des International Council on Clean Transportation zum Download