Was haben das größte Heavy-Metal-Festival der Welt mit dem ältesten, noch aktiven Passagierschiff der Welt gemeinsam? Die 1943 in Chicago für die US-Navy als Patrouillen-Begleitschiff gebaute MS Brahe war das diesjährige Hotelschiff für die Metalheads bzw. für all jene die sich eine der insgesamt 44 Kabinen auf dem historischen Passagierschiff gebucht haben.
Am Abend des 28. Juli legt die 56 m lange und 10 m breite Brahe unter der Eisenbahnbrücke in Hochdonn am Nord-Ostsee-Kanal an, zuvor ist sie entsprechend noch zwischen Kiel und der Anlegestelle in Fahrt zu bewundern.

Foto: Oceanliner Pictures
Wir haben uns an Bord umgesehen und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus, denn es gibt zwar mit dem Kreuzfahrtschiff MS Azores (ex Völkerfreundschaft) aus dem Jahr 1946 ein weiteres Passagierschiff ähnlichen Alters, welches jedoch nicht im Ansatz diese einzigartige Atmosphäre an Bord versprüht wie die MS Brahe.
Schon beim Betreten der Brahe durch die manuell zu öffnenden Stahltüren wird klar – dies ist ein schwimmendes Museumsschiff. Wir stehen im Empfangsbereich, an der Wand hängt die Original Bauplakette der Werft aus dem Jahr 1943 und wir fühlen uns auch wirklich in diese Zeit versetzt.

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Das Schiff ist fast ausgebucht, eine Brahe-Außenkabine mit Waschraum ist aber noch frei, wir schauen hinein. Sie ist renoviert, dennoch weitgehend im Ursprungszustand zu sehen. Phantastisch!

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Das mittlere Haupttreppenhaus mit seinen steilen Holztreppen erinnert an längst vergangene Zeiten und ist fast im Original Zustand erhalten, wie das gesamte Schiff. Rohre und Leitungen sind nicht unter Decken- und Wandverkleidungen verborgen sondern liegen offen sichtbar in allen Gängen und Räumen der MS Brahe. Die Holztüren zu den Aufenthaltsräumen knacken und quietschen genau wie die Holzstufen der Treppen und der Fußboden. Wir fragen uns, wie ein Schiff über all die Jahre seinen Zustand so behalten kann, denn man versichert uns, dass fast die gesamte Einrichtung unangetastet blieb – mal von Polstern, Stoffen und Teppichen abgesehen.

Foto: Oceanliner Pictures
Im Restaurant setzt sich der Charme dieser zauberhaften Schiffslady fort. Holzfußboden, Holzdecke, liebevoll gepflegte Wandverkleidungen. Einfach beeindruckend! Man sagt uns, dass dieses Restaurant auch sehr elegant eingedeckt ist auf regulären Reisen, darauf aufgrund der aktuellen Verwendung als Wacken-Hotel-Schiff aber verzichtet wurde.

Foto: Oceanliner Pictures
Nächste Station ist die große Lounge sowie die darin integrierte Compass Bar. Selber Stil, selbes Ambiente. Wir sind zurück in der Zeit als Kreuzfahrten noch die Ausnahme waren. So ein bisschen wirkt die Lounge wie ein alter Western-Salon auf uns. Der Gesamtzustand des Schiffes ist beeindruckend!

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Die letzte Station auf unserem Rundgand ist an Nostalgie und geschichtsträchtiger Historie kaum zu übertreffen – die Kommandobrücke. Wir erreichen sie über eine kleine Außenpromenade bzw. das Bootsdeck. Vorsicht ist geboten, denn überall lauern Stolperfallen und die Davids des Rettungsbootes laden geradezu dazu ein, seinen Kopf daran zu stoßen. Auch diese Eigenschaften machen dieses Schiff so wundervoll. Hier wird das Hauptaugenmerk auf die Seefahrt gelegt, hier wurde Geschichte geschrieben. Das Schiff hat eine sehr wechselhafte Vergangenheit und sicherlich mehr zu erzählen als manch Reisegast an Bord.

Foto: Oceanliner Pictures
Wir stehen vor einem riesigen Steuerrad, einem Kapitänsstuhl und einem Magnetkompass der noch die Gravur der U.S. Navy trägt. Fensterrahmen und Glas der Brücke sind Original. Alle ursprünglichen Navigationsgeräte und Installationen sind weitgehend als Original vorhanden, wurden ergänzt durch moderne Geräte. Die komplette Brückenkonstruktion ist aus Holz gefertigt, natürlich auch hier alles Original.

Foto: Oceanliner Pictures
Aktuell fährt die Brahe in den Farben von Saimaa Travel, dem finnischen Partner der im dänischen Fåborg ansässigen Nordisk Faergefart.
Schweren Herzens verlassen wir die MS Brahe wieder, nehmen aber Eindrücke mit von Bord, die es wohl kaum ein zweites Mal zu erleben gibt. Die MS Brahe ist ein schwimmendes Museum, welches auf eine ganz besondere Weise die Seefahrt einer längst vergangenen Epoche erlebbar macht. Dabei wird auf aktuelle Sicherheitseinrichtungen natürlich nicht verzichtet, denn alle notwendigen Standards für die Sicherheit und den Betrieb als Passagierschiff werden selbstverständlich erfüllt.
Die MS Brahe im Überblick:
1943 in Chicago gebaut
Länge: 56 m
Breite: 10 m
Tiefgang: 3 m
Passagiere: max. 200 (davon 110 in Kabinen)
Eigner: Saimaan Matkaverkko Oy
Letzte Modernisierung/ Restaurierung: Frühjahr 2011
- War bis 1947 zunächst für die US-Navy und dann unter dem Namen HMS Kilchernan bei der britischen Marine in Dienst.
- 1947 von Hardanger Sunnhordlandske Dampskipsselskap (HSD) gekauft und als Postschiff umgebaut, fuhr dann mehrere Jahre unter den Namen MS Sunnhordland in West-Norwegen zwischen Bergen und Stavanger.
- 1974 – 2010 für Kristina Cruises im Einsatz als MS Kristina Brahe (Vor Indienststellung erfolgte der Umbau als Kreuzfahrtschiff)
- Seit August 2010 als MS Brahe bei Saimaan Matkaverkko Ltd
Die Unterbringung an Bord:
Fünf verschiedene Kabinentypen, 44 insgesamt: Zu den den drei besten Kategorien gehören die Kristina Kabinen (1. Klasse) auf Deck 4, die Brahe Kabinen (2. Klasse) auf Deck 2,3 und 4 sowie die Saimaa Kabinen (3. Klasse) auf Deck 2. Auf Deck 1 befinden sich noch Kabinen der 4. Und 5. Klasse.
- Die komplette Bildergalerie von Bord der MS Brahe finden Sie << hier >>
(Gastautor: Oliver Asmussen von kreuzfahrten-mehr)