Rezension: Slimane Kader – „Ocean King – was einer unter Deck erleben kann“

Wam ist der „Joker“. Durch ein Missverständnis bei der Einschiffung kommt er nicht wie erhofft als Assistenz-Kellner an Bord der „Ocean King“, sondern nur als „Mädchen für alles“. Und das schließt auf einem Kreuzfahrtschiff für 6.000 Passagiere das stundenlange Aufwischen von Bilgenwasser, die Massentötung von Kakerlaken und das frühmorgendliche Putzen des Pools mit ein, alles unter den Argusaugen des Vorgesetzten natürlich. Die Kollegen in der engen Vierbettkabine verachten ihn, Schlaf findet er kaum, und Passagiere bekommt er schon gar nicht zu Gesicht.

Was Slimane Kader in seinem bissigen, aber stets humorvoll und höchst unterhaltsam geschriebenen Bericht verarbeitet, ist Alltag auf den großen Kreuzfahrtschiffen von heute. Die Passagiere sind die „Fatties“, deren Kinder hoffnungslos verzogen, und was die wenigen Stunden der Ruhe in der Kabine betrifft, haben alle von ihnen nur das eine im Sinn (die Besatzung im übrigen auch). Kader ist damit eine entlarvende Einsicht in den Bordbetrieb moderner Mega-Kreuzfahrtschiffe gelungen, auf denen bestenfalls vor, aber bestimmt nicht hinter den Kulissen „Friede, Freude, Eierkuchen“ herrscht. Es ist die perfekte Ergänzung zu David Foster Wallace’s Reisebericht „Schrecklich amüsant, aber in Zukunft ohne mich“, nur diesmal aus Sicht der Besatzung geschrieben. Unbedingt lesen!

Slimane Kader, „Ocean King – was einer unter Deck erleben kann“

Foto: Schiffsjournal

Foto: Schiffsjournal

 

(Gastbeitrag von Kai Ortel)