„Königslinie“ zwischen Sassnitz und Südschweden wiedereröffnet

SASSNITZ. Im März hatte die Stena Line den Fährverkehr zwischen Sassnitz und Trelleborg Corona-bedingt eingestellt und die Route wenig später komplett geschlossen. Nun ist sie in leicht abgewandelter Form von der Reederei FRS wiedereröffnet worden.

In einem an Hiobsbotschaften nicht eben armen Jahr ist es wohltuend zu berichten, wenn eine Fährreederei eine neue Linie eröffnet, hierzu ein Schiff kauft und Mitarbeiter einstellt. So geschehen am 17.09.2020. An diesem sonnigen Spätsommertag ging die SKANE JET auf Jungfernfahrt von Sassnitz-Mukran nach Ystad – eine Verbindung, welche die Förde Reederei Seetouristik (FRS) aus Flensburg in gerade einmal drei Monaten von der Idee bis zum Start realisiert hat.

Kurzer Rückblick: Am 14.03. hatte die Stena Line die Verbindung Sassnitz – Trelleborg Corona-bedingt zunächst vorübergehend eingestellt. Am 08.04. kam dann das endgültige aus für Traditionslinie: Ein kostendeckender Betrieb sei auf absehbare Zeit nicht möglich, hieß es. Zuletzt hatte die SASSNITZ noch ca. 300.000 Passagiere pro Jahr befördert, jedoch nur noch sehr niedrige Frachtvolumina, während sich überdies der Bahnverkehr über die Ostsee immer mehr von Sassnitz nach Rostock verlagerte. 2012 hatte die Stena Line die Route Sassnitz – Trelleborg samt Schiff von Scandlines übernommen und noch im Juli 2019 stolz den 110. Geburtstag der „Königslinie“ gefeiert. Immerhin war die Eisenbahnfährverbindung 1909 im Beisein des schwedischen Königs Gustav V. und des Königs von Preußen, Kaiser Wilhelm II., eingeweiht worden. Doch das ist lange her. Trotz Protesten insbesondere der regionalen Rüganer Hotellerie wurde die SASSNITZ Ende April in Uddevalla auf- und die Königslinie stillgelegt.

Foto: Kai Ortel.

Die FRS übernimmt

Am 31.05. meldete der NDR erstmals, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern mit der FRS über eine Wiederaufnahme der Fährlinie von Rügen nach Südschweden verhandle; 800.000 € Starthilfe wollte das Land hierfür zur Verfügung stellen. Auf Seiten der FRS war zunächst geplant, die Unternehmenstochter „Weiße Flotte“ mit der Fährlinie zu beauftragen, da diese bereits den Fährverkehr zwischen Rügen und Hiddensee innehat und der Name in der Region gut eingeführt ist. Am 26.06. gab die FRS jedoch bekannt, eine neue Tochter namens „FRS Königslinjen“ würde den Betrieb im September aufnehmen. Einsetzen wolle man eine schnelle Katamaranfähre, welche die Reisezeit von vier auf nur noch zweieinhalb Stunden verkürzt. Als Zielhafen auf schwedischer Seite wählte die FRS allerdings Ystad statt Trelleborg. Ersteres ist nicht nur „deutlich attraktiver für Tagestouristen“, wie die FRS verlautete, sondern mit kurzen Wegen zwischen Anleger und Innenstadt auch bestens an das schwedische Bus- und Bahnnetz angebunden. Zwei Abfahrten täglich ab beiden Häfen wolle man bieten, so dass von Rügen aus künftig Tagesausflüge nach Südschweden mit knapp sieben Stunden Aufenthalt möglich sind. Am 15.09. wollte die FRS mit der neuen Linie an den Start gehen, bis dahin waren jedoch noch einige Hürden zu überwinden.

Foto: Kai Ortel.

Aus der FJORD CAT wird die SKANE JET

Als die Reederei am 21.08. das Buchungssystem für die neue Linie öffnete, war aus „FRS Königslinjen“ plötzlich „FRS Baltic“ geworden. Wie sich herausstellte, hatte sich Scandlines den Namen „Königslinie“ seinerzeit markenrechtlich schützen lassen, so dass er auch in abgewandelter Form nicht ohne weiteres nutzbar war. Darüber hinaus hatte die FRS die Verkehrsdaten des vorherigen Betreibers eingehend analysiert und war zu dem Entschluss gekommen, dass ein profitabler Betrieb nicht mit täglichen Abfahrten, sondern zunächst nur donnerstags bis sonntags möglich ist. Aus diesem Grund sieht der Fahrplan für die „Test-Saison“ bis zum 01.11.2020 an besagten Wochentagen Abfahrten ab Sassnitz um 8:15 Uhr und 15 Uhr sowie ab Ystad um 11:30 Uhr und 18:15 Uhr vor.

Und dann brauchte man ja auch noch ein Schiff. Fündig wurde die FRS in der FJORD CAT, einer 1998 als CAT-LINK V gebauten norwegischen Katamaranfähre, die 676 Passagiere und 210 PKW (bzw. 180 PKW und 4 Busse) befördern kann. Das 91 Meter lange und 26 Meter breite Schiff hatte zuletzt 13 Jahre in Diensten der Fjord Line gestanden, wo es jedoch Ende dieses Jahres durch einen Neubau ersetzt wird. Am 23.08. unternahm die FJORD CAT ihre letzte Fahrt auf ihrer angestammten Linie Hirtshals – Kristiansand und wurde am 25.08. an die FRS übergeben. Umbenannt in SKANE JET, traf der Katamaran am 02.09. in Sassnitz ein und unternahm in der Folge Anpassungsfahrten auf seiner zukünftigen Route. Dort verkehrt er künftig übrigens mit 32 bis 34 statt der technisch möglichen 44 Knoten. Dieses „umweltoptimierte Fahrprofil“ hat sich vorab auch als das betriebswirtschaftlich sinnvollste erwiesen.

Foto: FRS.

Königslinie reloaded

Am 17.09. um 8:15 Uhr war es endlich soweit: Nicht ganz ausgebucht und im Zuge der Pandemie-Beschränkungen ohnehin nur mit halber Kapazität fahrend, ging die SKANE JET auf ihre Jungfernfahrt von Sasnitz nach Ystad. Bei der Eröffnungszeremonie neben der Führungsriege der FRS mit dabei: Mecklenburg-Vorpommerns Infrastrukturminister Christian Pegel (SPD) und der Landrat des Landkreises Vorpommern-Rügen, Stefan Kerth (SPD). Während die Fähren vom benachbarten Trelleborg nach Deutschland eine lange Tradition haben, ist die Verbindung für den Hafen Ystad übrigens ein Novum. Die in den 1840er Jahren eingerichtete Rad- bzw. Postdampferverbindung Ystad – Stralsund hatte 1896 aufgegeben werden müssen, nachdem die Reedereien und ihre Schiffe auf schwedischer Seite zuerst nach Malmö und dann nach Trelleborg umgezogen waren.

15 Mio. € hat sich die FRS das Unternehmen „FRS Baltic“ kosten lassen, und das in Zeiten, in denen bei anderen Fährreedereien Routenschließungen, Entlassungen und Kurzarbeit an der Tagesordnung sind. Doch die FRS ist zuversichtlich, dass die Königslinie in ihrer neuen Form Bestand haben wird. So versicherte Geschäftsführer Moritz Bruns in einem Pressegespräch zwei Tage vor der Eröffnung: „Es wird eine Zeit nach Corona geben“. So will man die Erfahrungen der Test-Saison 2020 dazu nutzen, Fahrplan und Produkt für die kommende Saison zu optimieren. Dabei will sich FRS Baltic konsequent auf das geplante touristische Konzept konzentrieren, das künftig auf beiden Seiten auch Reisepakete mit Hotelübernachtungen einschließt. Immerhin hat sich gezeigt, dass bereits in der Vergangenheit viele Reisende zwischen Schweden und Mitteleuropa eine Zwischenübernachtung auf Rügen eingelegt haben, bevor oder nachdem sie die Fähre über die Ostsee genommen haben.

Doch auch in Sachen Verkehrsanbindung gibt es bis zum geplanten zweiten Saisonstart im April 2021 noch einiges zu tun. Wie in Ystad soll auch in Sassnitz-Mukran der Fähranleger bequem für Fußpassagiere erreichbar sein. Hierzu ist die FRS aktuell in intensiven Gesprächen mit allen wichtigen Nahverkehrsbetreibern der Region, wie Moritz Bruns auf Nachfrage bestätigte. Sogar eine Bahnanbindung sei angedacht. Bisher verkehren die Züge auf Rügen entweder bis Sassnitz (Stadt) oder bis Binz. Da allerdings der Hafen Mukran von Beginn an für die Verladung von Güterwagen konzipiert war, sind entsprechende Gleise bis ans Fährbett durchaus vorhanden und müssten nur besser genutzt werden. Bislang hatten die geringe Nachfrage und unterschiedliche Zuständigleiten auf Seiten der Deutschen Bahn eine Anbindung Mukrans an das Personen-Netz der DB verhindert.

Ebenfalls „im Fluss“ ist die Situation im Hafen von Ystad. Hier nutzt die SKANE JET 2020 je nach Verfügbarkeit noch zwei verschiedene Anleger: Anleger 5, den man sich mit den Katamaranen von Bornholmslinjen teilt, und Anleger 1, der normalerweise den Fähren der polnischen Unity Line vorbehalten ist. Dies soll sich aber bereits 2021 ändern, wenn im Rahmen des aktuellen von der EU ko-finanzierten Hafenausbaus die neuen Anleger 7 und 8 fertig gestellt sind.

Foto: FRS.

Die Zukunft

Nicht nur für die ersten Betriebsmonate, sondern auch mittel- und langfristig ist die FRS Baltic gut aufgestellt. Anders als Stena Line mit dem Hafen Trelleborg richtet das Flensburger Unternehmen die Linie mit der Destination Ystad konsequent touristisch aus. Hier setzt man auch auf Busreiseveranstalter aus dem Raum Göteborg und Stockholm, für die die Vormittagsabfahrt von Ystad nach Rügen ideal ist, um am frühen Abend ein Hotel in Mecklenburg-Vorpommern oder Berlin zu erreichen. Regelrecht überrascht war man auf Seiten der Reederei nämlich davon, dass Schweden und Deutsche bisher zu etwa gleichen Teilen die neue Verbindung gebucht haben. Gerechnet hatte man mit einem stärkeren Anteil deutscher Kunden. Doch selbst für den Fall, dass die Nachfrage das Angebot der neuen SKANE JET übersteigt, ist man bei der FRS bereits gerüstet: Theoretisch passt nämlich auch das Fast-Schwesterschiff TARIFA JET der spanischen Konzerntochter FRS Iberia an die neuen Anleger in Sassnitz und Ystad.

Foto: FRS.