Die Zukunft der deutschen Seehäfen

Die für Häfen zuständigen Minister und Senatoren der Küstenländer, der Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, ein hochrangiger Vertreter des Bundesverkehrsministeriums sowie der Präsident des Zentralverbands der Deutschen Seehafenbetriebe haben sich zum siebten Hafenentwicklungsdialog in Hamburg getroffen. Der seit 2010 jährlich stattfindende Dialog dient der Kooperation zwischen den deutschen Küstenländern und dem Bund in verschiedensten aktuellen Hafenfragen. Er ist ein wichtiges Instrument der Hafenkooperation und hat den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Häfen im Fokus. Bei den Gesprächen stehen die Identifikation von Handlungsbedarfen und die gemeinsame Entwicklung von Zielen und Strategien im Vordergrund. Gastgeber Frank Horch: „Wir alle verfolgen dasselbe Ziel. Nämlich die nachhaltige Stärkung und den Ausbau der internationalen Position unserer Häfen gegenüber den internationalen Mitbewerbern. Dabei wollen wir die Standorte innovativ und nachhaltig entwickeln. Daraus ergeben sich viele Möglichkeiten der Kooperation, auch wenn wir im Wettbewerb stehen.“

Foto: Tobias Bruns

Die folgenden Themen standen in diesem Jahr auf der Agenda:

Nach einem externen Impulsvortrag der Meyer Werft zu Nachhaltigkeit und alternativen Antrieben, berichteten die Bundesvertreter zu den Schwerpunkten und Perspektiven der Hafen- und Schifffahrtspolitik der neuen Bundesregierung.

Weiterhin wurde über die Chancen der Digitalisierung für die Häfen, diesbezügliche Aktivitäten in den norddeutschen Bundesländern und unterstützende Maßnahmen des Bundes (IHATEC und Mobilfunkversorgung) gesprochen. „Immer komplexer werdende Logistikprozesse und die zunehmende Optimierung der Wertschöpfungsketten erfordern eine noch intensivere Nutzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien auch in den Seehäfen“, betonte Dr. Berend Lindner, Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung. „Für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit unserer Häfen und des Wirtschaftsstandortes Norddeutschland ist eine weitere Digitalisierung und verstärkte Vernetzung unserer Häfen unabdingbar. Hier gilt es, alle Akteure aus Häfen, Hafenwirtschaft, Schifffahrt und Logistik zu unterstützen, um diesen Prozess erfolgreich voranzutreiben“, so Lindner.

Zudem wurde beim siebten Hafenentwicklungsdialog die Hafenpolitik der Europäischen Union diskutiert. Im Fokus standen die praktische Anwendung der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) bei Hafeninfrastrukturinvestitionen, die EU-Hafenverordnung und die Neufassung der Hafenauffangrichtlinie, die im Zuge der europäischen Strategie zum Umgang mit Plastikmüll zurzeit überarbeitet wird. Der Hafenentwicklungsdialog ist dabei eine anerkannte Plattform zum Austausch zwischen den für Häfen zuständigen Ländern und dem Bund, der die Länderinteressen gegenüber der EU vertritt. “Die Vorgaben der EU zum Umgang mit Investitionen und Wettbewerb in den Häfen müssen durch die Küstenländer umgesetzt werden“, sagte Christian Pegel, Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern. Er fügte hinzu: „Deshalb ist es wichtig, dass die norddeutschen Länder gemeinsame Positionen zur europäischen Hafenpolitik entwickeln und diese geschlossen gegenüber Brüssel vertreten. Der Hafenentwicklungsdialog ist daher für mich von besonderer Bedeutung für die Interessen der norddeutschen Häfen.“

Ein zentrales Ziel der Küstenländer ist die Erhöhung der Umwelt- und Klimaverträglichkeit der Schifffahrt. Daher stand auch die Luftreinhaltung in den Häfen auf der Agenda. Die Küstenländer befürworten die Verbesserung der Luftreinhaltung in den Häfen und unterstützen deshalb im Sinne des Umweltschutzes unter anderem die Förderung der Einführung von Landstrom-Anschlüssen in den See- und Binnenhäfen sowie die Nutzung von Flüssigerdgas (LNG) in der Schifffahrt. Insgesamt sprachen sich die Länder für einen grundsätzlich technologieoffenen Ansatz zur Reduktion der emissionsbedingte Belastung in den Häfen aus. Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Dr. Bernd Buchholz sagte hierzu: „Luftreinhaltung ist ein wichtiges Thema. Deshalb gibt es bereits strenge Regelungen der EU zum Schwefelgehalt von Schiffkraftstoffen und Initiativen der Vereinten Nationen, um Stickoxid- und CO2-Emissionen zu verringern. Wir tragen dazu bei, indem wir die Brückentechnologie LNG unterstützen und auf Landstromprojekte setzen.“

Vor dem Hintergrund des kürzlich erfolgten Startsignals für die Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe wurde auch über das Thema der Planungsbeschleunigung gesprochen. Dieses, so Jörg Schulz, Staatsrat beim Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen  der Freien Hansestadt Bremen, ist die zentrale Voraussetzung für eine zukunftsgerichtete Hafenentwicklung: „Viele Jahre und zum Teil sogar über Jahrzehnte andauernde Planverfahren und Prozesse seien in keiner Weise zeitgemäß und auch kein Garant für ausgewogene Entscheidungen im Spannungsfeld zwischen ökologischen und ökonomischen Interessen. Gerade die Beispiele aus den Nachbarländern Niederlande und Dänemark zeigen, dass den heute üblichen, immer dynamischeren Wirtschaftsprozessen mit ebenso zügigen infrastrukturellen Entwicklungen begegnet werden kann“. Das deutsche Planungsrecht, so Staatsrat Schulz, muss orientiert an diesen europäischen Maßstäben deutlich beschleunigt werden. „Die bisher vom Bund verfolgten Maßnahmen reichen nicht aus, um die Häfen in Deutschland dauerhaft weiter erfolgreich zu entwickeln“.

Die deutschen Seehäfen sind internationale Warendrehscheiben. Deshalb sind die globalen Handelsentwicklungen von großer Bedeutung und müssen bei der Hafenpolitik und -entwicklung berücksichtigt werden. Handelshemmnisse können Ladungsvolumina mit einzelnen Ländern reduzieren, Linienverkehre verlagern oder Verzögerungen im Weitertransport durch neue Ein- oder Ausfuhr-Regularien verursachen. Daher unterstützen die Hafenminister und -senatoren die Bestrebungen der Bundesregierung hin zu einem freien internationalen Handel und dem Abbau von Handelshemmnissen.

Senator Frank Horch: „Häfen sind Symbole für den freien Handel. Europa muss sich als Wirtschaftsraum mit über 500 Millionen Einwohnern geeint als Stimme der Vernunft deutlich positionieren. Die deutschen Seehäfen haben ein hohes Interesse an einer konstruktiven Debatte über die künftige Ausgestaltung der Globalisierung und des freien Handels.“ Mit Blick auf den bevorstehenden Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU verständigten sich die Länder mit dem Bund darauf, die Ein- und Ausfuhr-Kontrollstellen in den Häfen, unter anderem die Veterinärämter, den Pflanzenschutz und den Zoll, bestmöglich auf den sogenannten Brexit vorzubereiten.