10 Fragen an den Kreuzfahrtdirektor Knut Breidenbach

Foto: Knut Breidenbach

Das Schiffsjournal freut sich sehr, dass Sie Herr Breidenbach, diesem Interview zustimmten und sich für uns und unsere Fragen die Zeit genommen haben. Sie sind gelernter Reiseverkehrskaufmann, leben „an Kilometer 799“ am Niederrhein, somit also schon die erste Verbindung zum Arbeitsumfeld, und bereisen seit vielen Jahren auf zahlreichen Schiffen Flüsse und Meere. Am Anfang ihrer Karriere als Reiseleiter, arbeiten Sie jetzt u.a. als Kreuzfahrtdirektor mit deutschen und internationalen Gästen. Zur Zeit arbeiten Sie für den englischen Reiseveranstalter eWaterways als Kreuzfahrtdirektor auf der ROYAL CROWN.

Warum ein Schiff, warum kein Hotel?

Diese Entscheidung war ein Zufallsprodukt. Nach meiner Ausbildung zum Reiseverkehrskaufmann arbeitete ich zuerst als Reiseleiter u.a. auf Bahn- und Busreisen. Irgendwann kam dann mein erster Einsatz als Reiseleiter auf einem Kreuzfahrtschiff, und zwar auf MS SOFIA von Passau nach Budapest und zurück. Von Passau aus ging es direkt auf die COSTA VICTORIA nach Venedig und danach war es „um mich geschehen“. Ich wollte auf Kreuzfahrtschiffen arbeiten ! Da ich zuvor jedoch weder in der Gastronomie, noch in der Hotellerie tätig war, war mein Weg, der in die Bordreiseleitung.

Welchen Tipp hätten Sie für Leute, die gern auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten würden?

Wer auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten möchte, sollte mehrere Faktoren bedenken. Die Redensart “Das Leben ist kein Ponyhof” trifft es an Bord der Schiffe sehr genau. Jeder, der davon träumt, in dieser Branche zu arbeiten, sollte sich zuvor die Frage stellen, was sich für ihn auf einem Schiff verändert. Am Ende ist es natürlich eine Dienstleistung direkt am Gast, doch schwer mit einer ähnlichen Tätigkeit an Land zu vergleichen. Fast jedes Crewmitglied ist, sobald man sich im Passagierbereich aufhält, immer und überall eine Person des öffentlichen Lebens. Die Privatsphäre ist oftmals sehr eingeschränkt, die Tage sind lang, das Tempo hoch, Wochenenden kennt man nicht und man darf es nicht mit dem Empfinden eines Gastes vergleichen. Wer zuvor als Gast an Bord eines Schiffes war und genau diese Atmosphäre auch als Crewmitglied erwartet, wird eine ziemliche Bauchlandung machen. Wem dies jedoch bewusst ist, zudem noch Seefest, der wird an Bord keine großen Probleme haben, wäre also auf den ersten Blick, schon einmal geeignet.

An welches Erlebnis denken Sie nach all den Jahren gern zurück?

Besonders geprägt haben sich meine ersten Einsätze an Bord. Denn gerade im ersten Jahr durfte ich schon viele positive Extreme erleben, hier in erster Linie natürlich so fantastische Reiseziele wie Südamerika, die Nord- und Südpolarregionen, der Amazonas, aber auch faszinierende Städte in Europa, der Kanal von Korinth oder der Panamakanal. Man kann sagen, es war schon ein Privileg und hat dazu beigetragen, dass ich heute immer noch „an Bord“ bin. Aus jüngster Vergangenheit kann ich berichten, dass das Erlebnis Segeln auf der SEA CLOUD II ein weiteres Highlight war und ich kann es jedem nur empfehlen, der das Meer und ein Schiff wieder richtig erleben möchte, einmal auf einen Segler zu gehen.

Pflegen Sie ein bestimmtes Ritual bevor Sie für lange Zeit wieder an Bord gehen?

Es ist weniger ein Ritual, eher vielleicht eine „schlechte Angewohnheit“. Nach dem Schiff ist vor dem Schiff und jedes Mal wenn ich wieder nach Hause komme, sage ich mir, beim nächsten Mal eher mit den Vorbereitungen zu beginnen. Dennoch schaffe ich es nicht und es wird immer wieder „5 vor 12“, ehe alles gepackt ist und ich versuchen kann, ein wenig zur Ruhe zu kommen.

Was macht einen guten Angestellten auf See aus?

Seefest sollte man schon sein (lacht)… zumindest auf Hochsee. Auch sollte man nicht menschenscheu sein. Einen guten Service bringt man mit natürlicher Freundlichkeit und wenn man seinen Job liebt, egal wie oft am Tag die gleich Frage gestellt wird oder das Tempo einmal mehr an den eigenen Nerven zerrt. Ebenso wichtig ist es, die wenigen Freiräume zu akzeptieren, aber auch zu nutzen.

Wonach sehnen Sie sich auf See am meisten?

Nutella gibt es ja bereits weltweit und auch an Bord der meisten Schiffe. Das fällt also weg. Meist sind es aber die Kleinigkeiten, wie z.B. in Ruhe einen Kaffee am Morgen mit einer echten Tageszeitung in der Hand. Ganz hoch im Kurs steht auch einfach einmal nicht erreichbar zu sein, sich den Luxus zu gönnen, Emails nicht sofort zu beantworten, das Telefon klingeln zu lassen und einmal ein Tagesprogramm nur für sich zu haben, welches oft ein „Programm ohne Programm“ ist. Natürlich gibt es noch Familie, Freunde und die „Verpflichtungen“ als 3-fach-Onkel, doch die eigene Zeit ist oft das, auf das man sich am meisten freut.

Angenommen Sie wären in der Entwicklung eines neuen Kreuzfahrtschiffes beteiligt. Was würde ihr Kreuzfahrtschiff von anderen unterscheiden?

Ein Reisebus wäre da einfacher zu gestalten: er würde 3 Meter lang und 15 Meter breit sein, damit alle Gäste vorne sitzen können (lacht), aber bei einem Schiff wird es schon schwieriger. Vermutlich würde sich dieses von anderen Schiffen auf den ersten Blick nicht stark unterscheiden. Es wären eher die inhaltlichen Dinge, persönliche Vorlieben, die den Unterschied (hoffentlich) ausmachen würden. Persönlich (beruflich wie privat), ziehe ich kleinere Schiffe mit geringerem Passagieraufkommen vor. Denn individuelle Betreuung steht für mich im Vordergrund. Zwar wirkt ein großes Schiff als Ziel begeisternd, dennoch sollte ein Schiff ein Schiff sein dürfen! Mein derzeitige Arbeitsplatz hat gerade einmal Platz für max. 90 Gäste und es ist ein wunderbares Arbeiten.

Vervollständigen Sie bitte folgende Sätze:

Schiffe sind … eine Welt für sich!

Gäste sind … immer wieder spannend.

Ein Bordleben kann … faszinierend, ermüdend, freudig, frustrierend, aufregend, es kann alles auf recht engem Raum sein!

Wie können Sie sich erklären, dass die Kreuzfahrtbranche so boomt?

Anders als noch vor einigen Jahren, ist eine Kreuzfahrt eine Urlaubsmöglichkeit mit vielen Gesichtern geworden. In Köln sagt man „Jeder Jeck ist anders…“ und so findet sich heutzutage auch für jeden Gast und in jeder Preislage das passende Schiff. Dazu kommt, dass man, mit geringem Aufwand, viel erleben kann. In Deutschland eingestiegen, ist man am nächsten Tag z.B. in Schweden, danach in Russland usw. Das dem Gast viele abwechslungsreiche Ziele geboten werden, mag einer der Gründe sein. Die Schiffe als Erlebniswelt für sich, sind bestimmt ein weiterer Grund für die große Popularität. Auch die Bequemlichkeit natürlich: einmal auspacken und 14 Tage von Ort zu Ort reisen. Wo sonst gibt es diesen „Luxus“. Man darf schlussendlich aber auch nicht all diejenigen vergessen, die als Schiffsliebhaber einfach das Zusammenspiel von Meer, Wind und Schiff so lieben, dass sie 14 Tage Transatlantiksegeln zum wiederholten Male buchen. Und eine Seefahrt ist Entspannung pur, wenn man sich der Zeit und der Muße hingeben kann…

Sie durften schon zahlreiche Städte und Häfen kennenlernen, welcher Hafen war ihr absoluter Favorit?

Viele meiner Kollegen, zieht es in die Karibik. Klar ist es dort wunderschön, aber nach ein paar Wochen kennt man jede Palme mit Vornamen und dann freue ich mich mich immer auf “zu Hause” … also auf die europäischen Häfen. Traumhafte Hafeneinfahrten erlebt man immer wieder in Stockholm, in Bergen, Istanbul oder auch die dramatische Hafeneinfahrt auf Malta! Jeder Hafen, egal ob am Meer oder am Fluss hat für mich oft eine kleine Besonderheit. Man weiß, wo man einen guten Kaffee trinken kann, wo kann ich meinen Gästen noch eine Empfehlung geben, vielleicht warten Freunde und Bekannte, spannend auch zu sehen, welcher Kollege ist mit welchem Schiff heute zeitgleich im Hafen und reicht die Zeit für ein Treffen…? All das macht einen Hafen oft besonders. Nicht immer schön, aber in diesem Moment besonders…

Vielen Dank für Ihre hilfreichen, ehrlichen und sehr interessanten Antworten. Für die nächste Reise wünscht das Schiffsjournal Ihnen und Ihren Gästen alles erdenklich Gute!