VFF: Neue Schiffe für 2,6 Mrd. Euro – Starker Auftrieb für die Fährbranche

Nach Jahren der Flaute bei Schiffsneubauten rollt jetzt eine Verjüngungswelle auf die europäischen Fährflotten zu. Mindestens 25 Schiffstaufen stehen für die kommenden drei Jahre in den Terminkalendern der Fährreedereien, teilt der Branchenverband VFF aktuell mit. Die im Verband der Fährschifffahrt und Fährtouristik (VFF) organisierten Unternehmen investieren bis 2021 rund 2,6 Milliarden Euro in neue Schiffe mit einer Tonnage von über 1 Million GT. Das entspricht einer Beförderungskapazität von 35.600 Passagieren sowie 66.000 Lademetern für Pkw und Fracht. Über diese fest georderten Fähren hinaus stehen Optionen für acht weitere Neubauten in den Büchern mit einer Gesamt-Tonnage von rund 450.000 GT.

Allein Stena Line hat sechs neue Schiffe geordert, die zwischen 2019 und 2021 ausgeliefert werden sollen und in der Irischen See bzw. in Charter für andere Gesellschaften auf der Nordsee zum Einsatz kommen; dazu bestehen Optionen für zwei weitere Neubauten. Zwischen Großbritannien und Irland soll ab 2020 auch der aktuell größte Neubau verkehren, die neue RoPax-Fähre der Irish Ferries mit 67.300 GT und stolzen 5.600 Lademetern. Große Pläne haben auch Moby Lines und Grande Navi Veloci im Mittelmeer. Beide Reedereien haben je zwei Fähr-Giganten mit 64.000 GT geordert sowie je zwei Optionen in gleicher Größenordnung vereinbart.

Auch in deutschen Häfen wird man bald neue Fähren sichten können: DFDS hat für die Route Kiel–Klaipeda zwei 55.000-Tonner bestellt und zwei zusätzliche optioniert. Mindestens eine weitere Reederei verhandelt derzeit über kräftige Kapazitätserweiterungen auf der Ostsee. Und innerdeutsch verkehrt seit wenigen Wochen ein neuer Katamaran zwischen Hamburg, Cuxhaven und Helgoland.

Foto: AUSTAL

Die großen Gewinner des Neubau-Booms sind chinesische Werften; sie punkten sowohl im Preiskampf als auch mit den nötigen Kapazitäten. Die meisten europäischen Werften sind derweil auf Jahre hinaus mit dem Bau von Kreuzfahrtschiffen ausgelastet. Einzige Ausnahme: die Flensburger Schiffbaugesellschaft, die sich ein Sahnestück vom Fährvolumen gesichert hat und bis 2020 u. a. den Fährriesen für Irish Ferries baut.

Generell wachsen die Schiffe und Beförderungskapazitäten in immer größeren Dimensionen, wobei die Fracht gegenüber der Passage überall an Bedeutung gewinnt – außer auf der Ostsee zwischen Schweden und Finnland: Hier bringt Viking Line ab 2020 eine neue Kreuzfahrt-Fähre zum Einsatz mit beachtlichen 2.800 Passagierplätzen bei vergleichsweise kurzer Ladekapazität von nur 1.500 Metern. Der zollfreie Einkauf an Bord sowie die Begeisterung gerade skandinavischer Urlauber für Schiffsrundreisen machen dieses Passage-betonte Konzept lukrativ.

Foto: Viking Line

Beispielgebend ist Viking Line hingegen auf technologischem Gebiet. Als Pionier neben Fjord Line und Tallink beim Antrieb mit Flüssiggas (LNG) hat die finnische Reederei den Durchbruch dieser sauberen Technologie maßgeblich befördert; zuletzt machte sie mit dem Einsatz von Windkraft auf der Großfähre „Viking Grace“ von sich reden. Auch das neue Verbandsmitglied Destination Gotland vertraut mit zwei Neubauten der LNG-Technologie. Andere Reedereien wie etwa Color Line setzen auf Hybrid-Fähren. Scandlines fährt ein eigenes Null-Emissions-Konzept unter anderem mit Hilfe von Energierückgewinnung. Allgemein ist eine rasante Entwicklung bei Energieeinsparung und Umweltentlastung zu beobachten. Sie umfasst nicht nur Antriebe, sondern auch optimierte Schiffsrümpfe oder energieeffiziente LED-Beleuchtung an Bord.

Nach der Finanz- und damit verbundenen Transportkrise vor 10 Jahren sowie der Verunsicherung durch verschärfte Abgas- und Treibstoffvorschriften insbesondere auf der Nord- und Ostsee seit 2010 hat sich die Branche mittlerweile in den meisten Märkten und Fahrgebieten wieder gut erholt, stellt der VFF fest. Positiv auf das Investitionsklima und die Neubau-Bereitschaft wirkten sich zudem die verbesserten Finanzierungskonditionen aus.

„Hierzu trägt vor allem die gestiegene Zahl von Kreditgebern bei sowie diverse EU-Subventionsprogramme speziell für umweltverträgliche ‚Green Ship‘-Technologien“, erläutert der VFF-Vorsitzende Jens-Peter Berg. „Letztlich führen aber auch die günstigen Preise chinesischer Werften dazu, dass Reeder wieder verstärkt die Erneuerung und Erweiterung ihrer Tonnage wagen.“