Seenotretter feiern Doppel-Kiellegung in Rostock

Tamsen Maritim baut neue Schiffe für Freiwilligen-Stationen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger

Zwei neue Seenotrettungsboote für Freiwilligen-Stationen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) sind am Donnerstag, 27. Oktober 2016, in Rostock auf Kiel gelegt worden. Die Spezialschiffe entstehen auf der Werft Tamsen Maritim. Sie sollen im Herbst 2017 und Anfang 2018 abgeliefert werden. Die kleinen, aber sehr leistungsstarken Einheiten sind Teil eines umfangreichen Neubauprogramms, mit dem sich die Seenotretter auf die Herausforderungen der nächsten Jahre einstellen. Sie ersetzen Vorgänger, die mehr als 25 Jahre im Einsatz waren.

Im Jubiläumsjahr der DGzRS 2015 hatte Tamsen Maritim den ersten Neubau der Seenotretter auf einer Werft in Mecklenburg-Vorpommern nach der Wiedervereinigung abgeliefert. Das 10,1 Meter lange Seenotrettungsboot wurde am 150. Geburtstag der DGzRS auf dem Bremer Marktplatz getauft. Drei weitere Schiffe des gleichen Typs mit den internen Bezeichnungen SRB 69, SRB 70 und SRB 71 hat die DGzRS in diesem Jahr bei Tamsen Maritim in Auftrag gegeben. Zunächst zwei von ihnen wurden nun auf Kiel gelegt.

Einer Schiffbautradition folgend wird jeweils eine Münze an Bord jeden Einsatz mitfahren. Verena Krämer, freiwillige Seenotretterin auf dem Warnemünder Seenotrettungskreuzer ARKONA, legte die mecklenburg-vorpommersche Zwei-Euro-Münze mit dem Motiv des Schweriner Schlosses in eine Sektion des Neubaus SRB 69 ein. Mehr als 800 Seenotretter der DGzRS sind auf Nord- und Ostsee ehrenamtlich im Einsatz. Die neuen Seenotrettungsboote werden von reinen Freiwilligen-Besatzungen gefahren. Über ihre Stationierung hat die DGzRS noch nicht letztgültig entschieden.

Foto: DGzRS / Die Seenotretter

Foto: DGzRS / Die Seenotretter

Für das Schwesterschiff SRB 70 übernahmen diese ehrenvolle Aufgabe „Mariken“ und „Vormann Jantzen“ alias Marita Bojarra und Gernot Schumann. Das beliebte Warnemünder Original, selbst ehrenamtliche Mitarbeiterin der Seenotretter an Land, und der Darsteller des weithin bekannten Warnemünder Lotsenkommandeurs und Seenotretters Stephan Jantzen (1827-1913) engagieren sich seit langem auf ihre Weise für die Seenotretter.

Foto: DGzRS / Die Seenotretter

Foto: DGzRS / Die Seenotretter

Die beiden Münzen sollen Schiffsführung und Besatzung Sicherheit, Glück und Gesundheit verheißen. Gleiches gilt für die Schiffbauer der Werft. Während in früheren Zeiten in der gesamten Bauzeit ein Geldstück unter dem Kiel auf dem Boden der Schiffbauhalle lag und im Laufe der Bauzeit durch ansteigendes Gewicht regelrecht plattgedrückt wurde, finden bei der modernen Bauweise „kieloben“ die Münzen ihren Platz jeweils in einer speziellen Öffnung in der Bausektion.

Zweckgebundene Erbschaften ermöglichen Neubauten

Durchschnittlich 30 Jahre sind die Rettungseinheiten der DGzRS im harten Einsatz auf Nord- und Ostsee. Rein rechnerisch ergibt sich daraus der Bedarf, jährlich durchschnittlich zwei neue in Dienst zu stellen. Vor mehr als 25 Jahren jedoch standen die Seenotretter vor einer historischen Aufgabe: Nach der Wiedervereinigung galt es, die veraltete Technik in Mecklenburg-Vorpommern schnell zu modernisieren. Dies gelang innerhalb von nur vier Jahren, nicht zuletzt dank großartiger Unterstützung der treuen Förderer der Seenotretter.

Zwischen 1990 und 1994 hat die DGzRS 24 Neubauten in Dienst gestellt. Spätestens Anfang des kommenden Jahrzehnts müssen sie ersetzt werden. „Zweckgebundene Erbschaften versetzen uns in die Lage, für einige dieser Boote schon jetzt moderne Nachfolger zu bauen. Dafür sind wir sehr dankbar. Die beiden neuen Seenotrettungsboote, die heute auf Kiel gelegt wurden, gehören dazu. Sie erhalten Namen nach den Wünschen ihrer Spender“, erläutert DGzRS-Geschäftsführer Nicolaus Stadeler.

Modifizierte Nachbauten der bewährten 9,5-/10,1-Meter-Klasse

Die Neubauten werden modifizierte Nachbauten der bewährten 9,5-/10,1-Meter-Klasse  der DGzRS. Bereits 20 Einheiten dieser Klasse haben sich in zahlreichen Einsätzen auch unter extremen Bedingungen zur Zufriedenheit der Besatzungen in allen Revieren hervorragend bewährt.

Die Eckdaten der neuen Seenotrettungsboote:

  • Länge über Alles: 10,1 Meter
  • Breite über Alles: 3,61 Meter
  • Tiefgang: 0,96 Meter
  • Verdrängung: 7 Tonnen
  • Geschwindigkeit: 18 Knoten (ca. 33 km/h)
  • Besatzung: Freiwillige
  • Antrieb: ein Propeller, 380 PS

Hohe Seetüchtigkeit, umfangreiche Ausrüstung

Wie alle Einheiten der DGzRS werden die neuen Seenotrettungsboote als Selbstaufrichter konstruiert und vollständig aus Aluminium im bewährten Netzspantensystem gebaut. Der Bootstyp zeichnet sich durch hohe Seetüchtigkeit aus. In Grundsee und Brandung besitzt er gute See-Eigenschaften, manövriert einwandfrei, übersteht heftige Grundstöße und ist in der Lage, dank des rundumlaufenden Fendersystems auch bei höheren Fahrtstufen und unter erschwerten Bedingungen bei Havaristen längsseits zu gehen.

Für Einsätze unter schwierigsten Bedingungen sind bei der Konstruktion umfassende Sicherheitskriterien berücksichtigt worden. Die Boote werden mit modernster Navigationstechnik, leistungsstarken Schlepp- und Lenzgeschirren sowie einer umfangreichen Ausrüstung zur medizinischen Erstversorgung ausgestattet.

Drei weitere 10,1-Meter-Seenotrettungsboote sind bei der Werft Fr. Fassmer in Berne an der Unterweser im Bau beziehungsweise in Auftrag gegeben. Der Bau aller neuen Rettungseinheiten der Seenotretter ist im Internet zu verfolgen: www.seenotretter.de/werfttagebuch.

Die DGzRS setzt von 54 Stationen in Nord- und Ostsee rund 60 Seenotrettungskreuzer und -boote ein. Die SEENOTLEITUNG BREMEN der DGzRS (MRCC = Maritime Rescue Co-ordination Centre) koordiniert zentral alle Such- und Rettungsmaßnahmen. Trotz aller Technik: Im Mittelpunkt des Rettungswerkes steht nach wie vor der Mensch. Ohne die freiwillige Bereitschaft der Seenotretter zu ihren nicht selten gefahrvollen Einsätzen wäre die Arbeit der DGzRS nicht denkbar. Jahr für Jahr fahren die die Einheiten der Rettungsflotte mehr als 2.000 Einsätze auf Nord- und Ostsee, finanziert ausschließlich durch Spenden und freiwillige Beiträge.

 http://www.seenotretter.de/wer-wir-sind/