Kreuzfahrtgigantismus: Die Mitte fehlt beim Kreuzfahrtbau derzeit gänzlich

Während Hapag-Lloyd Cruises, Ponant, Seabourn u.v.m. berechtigt und passend zur Unternehmensphilosophie auf kleine Expeditionsschiffe setzen, bauen die großen Marken Royal Caribbean International, Norwegian Cruise Line, MSC Cruises u.v.m. – nicht weniger passend zur Unternehmensphilosophie – ihre gigantischen Flotten mit Ozeanriesen weiter aus. Aktuelle Renderings gaben uns dazu in den letzten Wochen eindrucksvolle Einblicke.

Kleine Schiffe haben bekanntlich den Vorteil, dass sie zahlreiche Destinationen abseits der üblichen Rennstrecken anlaufen können. Privatsphäre, Erholung und gepflegte Schiffstraditionen kommen ebenfalls nicht zu kurz. Die Großen hingegen bieten ein noch nie da gewesenes Unterhaltungsprogramm und machen den Zutritt dank erschwinglichem Reisepreis insbesondere für Familien und junge Erwachsene möglich.

Berechtigt kann man sich aber hinterfragen, wie die Zukunft der Kreuzfahrt ausschauen soll. Jede Reederei verfolgt eine andere Zielgruppe. Eisbahnen, spektakuläre Wasserrutschen & Co sind weniger für Gäste 60+ konzipiert. Die Schiffe der neuen Generation werden mehr für Familien und junge Erwachsene, also für künftige Generationen gebaut. Dadurch wurden Kreuzfahrten in den letzten Jahren erst für nahezu jedem zugänglich und bieten seither für jede Altersklasse etwas Passendes.

Der Trend bei Jüngeren zeigt ganz klar, dass gewisse Neuerungen – die derzeit nicht selten kritisch beäugt werden – durchaus Zuspruch finden. Unternehmen würden sie sonst auch nicht entwickeln/umsetzen. Mit der traditionellen Kreuzfahrt hat das jedoch nicht mehr viel gemein, da sind sich die meisten Experten einig. Das ist aber auch nicht das Ziel. Das Ziel bei Giganten ist das Schiff selbst, weniger die Destinationen. Und damit gewisse Möglichkeiten überhaupt umsetzbar werden, sich darüber hinaus möglichst viele die Kabinen leisten können und im Umkehrschub aber auch möglichst viele Passagiere Geld an Bord ausgeben, werden die Schiffe für die “neue Kreuzfahrtgeneration” immer größer und größer. Eine spannende Sache, wobei Kreuzfahrten nicht komplett der Bespaßung alleine, sondern eben auch der Erholung dienen sollten.

Es ist gut, dass wir aktuell eine große Vielfalt genießen dürfen und aus sehr vielen verschiedenen Angeboten, Reedereien und Schiffsklassen wählen können. Doch was ein wenig Sorge bereitet, ist die Tatsache, dass aktuell entweder nur sehr groß oder sehr klein gebaut wird. Die Mitte fehlt derzeit gänzlich, die es die letzten Jahre gab und gegenwärtig noch gibt, wie z.B. die Sphinx-Klasse von AIDA Cruises.

Wie schaut es nun also konkret in den kommenden Jahrzehnten aus? Nach dem derzeitigen Trend wird man wählen können zwischen Gigant (ohne nennenswerte Destinationen) oder klein in Form von einer Expedition (für die meisten unbezahlbar). Schiffe zwischen 30.000 und 80.000 BRZ wird es dann vermutlich immer seltener geben. Zumindest so lange nicht eingesehen wird, dass es ohne die Mitte nicht geht und kein Zurückrudern im Schiffsbau erfolgt.

Es bleibt in jedem Fall mit großer Spannung abzuwarten, wie der Markt sich in den nächsten Jahren entwickelt. Hoffnung schenkte zuletzt z.B. das 55.900 BRZ Neubauprojekt Saga Olympic, dessen Fertigstellung auf der Meyer Werft bis 2019 erfolgen soll (zu den ersten Bildern und Details). Nur leider ist bei diesem Neubau der Zugang aufgrund eines Mindestalters (50 Jahre) eingeschränkt. Auch die Neubauten von Viking Ocean Cruises fallen für den europäischen Markt weg, da deren Kabinen vorwiegend an US-Kunden verkauft werden.

Grafik: Saga

Grafik: Saga