Hamburg und Schleswig-Holstein fordern schnelle Sanierung des Nord-Ostsee-Kanals

Hafenkooperation im Fokus des HHM-Informationsabends in Kiel

Über die Anforderungen und die Entwicklungschancen des Wirtschaftsraums Hamburg-Kiel diskutierten gestern Vertreter aus Politik, Hafen-, und Logistikwirtschaft auf Einladung von Hafen Hamburg Marketing e.V. (HHM) und des Seehafen Kiel auf einem Informationsabend im Kieler Norwegenkai. Dort begrüßte Claudia Roller, Vorstandsvorsitzende Hafen Hamburg Marketing e.V., gemeinsam mit Gastgeber Dr. Dirk Claus, Geschäftsführer Seehafen Kiel GmbH & Co. KG, unter anderem Staatssekretär Dr. Frank Nägele, Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein, Staatsrat Dr. Bernd Egert, Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation Hamburg, Timm Ulrich Niebergall, Country Manager Unifeeder Germany Hamburg, Dr. Bernd Pahnke, Hafenbeauftragter Nord DB Mobility Logistics Hamburg und Dr. Hans-Heinrich Witte, Präsident der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord.

Die Referenten des HHM-Infoabend in Kiel

Foto: HHM

Der maritime Norden setzt auf Hafenkooperation und die Entwicklung leistungsfähiger Häfen und Logistik und fordert die dafür notwendigen Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Themen des Abends waren unter anderem der kürzlich durch den Ausfall von zwei Großschleusen in Brunsbüttel für Seeschiffe mit einer Länge von mehr als 125 Meter Länge gesperrte Nord-Ostsee-Kanal (NOK), der für die nächsten Jahre weiterhin ein Unsicherheitsfaktor für die Schifffahrt bleibt, sowie die Zukunftschancen der Region. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch umfangreiches Networking der rund 100 Teilnehmer.

Der Nord-Ostsee-Kanal ist mit rund 34.000 Schiffspassagen im Jahr und einem Transportvolumen von etwa 100 Millionen Tonnen die Verkehrs-Schlagader im Norden. Die Häfen Kiel und Hamburg sind durch den Kanal und die Elbe verbunden und auf einen störungsfreien Betrieb des NOK angewiesen. Claudia Roller und Dr. Dirk Claus betonten in ihren Begrüßungsworten die nationale und internationale Bedeutung des NOK. Beide erwähnten, dass die langjährige Kooperation der Häfen in Schleswig-Holstein mit Hafen Hamburg Marketing e.V. ein vorbildliches Beispiel für vertrauensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit sei.

Gleichermaßen lobten auch Dr. Frank Nägele und Dr. Bernd Egert das sehr gute Zusammenwirken auf politischer Ebene, das in den Themenbereichen NOK, norddeutsche Verkehrswegeplanung und Aufnahme von Baggergut aus dem Hamburger Hafen und der Elbe zu einvernehmlichen Lösungen führen wird. Dr. Frank Nägele sprach sich für einen Masterplan NOK aus, der allen Beteiligten aus Schifffahrt, Behörden und Wirtschaft klare und verlässliche Auskunft zu Verkehrsproblemen und Ausbauprojekten geben sollte. Von nationaler Seite erwartet der Staatssekretär auf der kommenden Nationalen Maritimen Konferenz im April ein Aufbruch-Signal zur Finanzierung und Umsetzung dringend erforderlicher Verkehrsinfrastrukturprojekte im Norden. „Die Landesregierung in Schleswig-Holstein bekennt sich nachdrücklich zur Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe sowie zum Autobahnausbau mit Elbquerung“, sagte Nägele und regte vor dem Hintergrund knapper Bundesmittel gleichzeitig neue Finanzierungsmodelle für Infrastrukturprojekte an. Für Dr. Bernd Egert ist die Zusammenarbeit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein eine gute Basis für die Weiterentwicklung der Hafenkooperation zur Lösung logistischer Herausforderungen in der erweiterten Metropolregion Hamburg. „Hafenkooperation bedeutet gesunder Wettbewerb und nicht Verkehrslenkung in unserer Wirtschaftsregion. Die Berücksichtigung der norddeutschen Interessen bei der Verkehrswegeplanung des Bundes erfordern ein gemeinsames Vorgehen zur Sicherung unserer Interessen und der Wettbewerbsfähigkeit“, erläuterte Egert. Er bedankte sich bei seinem schleswig-holsteinischen Kollegen für die hervorragende Zusammenarbeit bei der Planung der Fahrrinnenanpassung von Außen- und Unterelbe und zeigte sich davon überzeugt, dass der NOK in Kombination mit der Elbe auch in Zukunft ein logistisches Erfolgsmodell für die gesamte Wirtschaftsregion sei.

Für Timm Ulrich Niebergall, Vertreter des in Nordeuropa führenden Feeder-Operators Unifeeder, war die gut einwöchige Vollsperrung des NOK für seine großen Feederschiffe ein schwerer Störfall. „Wir mussten kurzfristig unsere Transportrouten umdisponieren und haben während der Kanalsperrung 49 Seeschiffe rund um Dänemark schicken müssen. Zeitverlust, zusätzliche Kosten und verärgerte Kunden sind auch ein Imageverlust für den NOK“, erläuterte Niebergall, der eine schnelle Ausschreibung und einen schnellen Baubeginn der neuen Schleuse sowie möglichst frühzeitige Informationen zu bevorstehenden Störungen im NOK begrüßt. Dr. Hans-Henrich Witte nahm diese Hinweise zum Anlass und versprach den Anwesenden, dass die Ausschreibung für die 5. Kanalschleuse im April erfolgen wird und er nach Prüfung der Angebote mit einem Baubeginn im Januar 2014 rechnet. „Der anstehende Sanierungsrückstau des NOK erfordert zusätzlich zu den vom Bund zur Verfügung gestellten rund ein Prozent aus dem laufenden Verkehrsetat für Unterhalt und Betrieb des Kanals dringend weitere Finanzmittel. Wir sollten neben dem Schleusenbau in Brunsbüttel auch an die Schleusen in Kiel-Holtenau denken, die auch erneuert werden müssen“, führte Dr. Witte an. Dr. Bernd Pahnke stellte in seinem abschließenden Vortrag die logistischen Herausforderungen weltweiter Transportketten dar. Der Hafenbeauftragte Nord der DB machte in seinen Ausführungen deutlich, dass auch die weitere Entwicklung der Hafenplätze Kiel und Hamburg leistungsstarke Seehafenhinterlandverkehre auf der Schiene für den reibungslosen Zu- und Ablaufverkehr benötigt. „Der Seehafen Kiel wurde in 2012 von 1.258 Güterzügen bedient, die eine Gesamtmenge von 489.000 Tonnen an Gütern transportierten. Die Verkehrsleistung im Schienengüterverkehr konnte 2012 sogar um 16,7 Prozent ausgebaut werden“, betonte Dr. Pahnke. Seiner Auffassung nach werden sich die IMO-Regelung zur Schwefelemission ab 2015 und der geplante Bau der Fehmarnbeltquerung auch auf die Häfen und Transportketten auswirken. Für Pahnke wird es zukünftig besonders auf innovative Logistikkonzepte ankommen, die im Rahmen optimal getakteter Supply Chains auch die Wettbewerbsfähigkeit von Logistikstandorten wie Hamburg und Kiel entscheidend beeinflussen werden.