Eurogate Container Terminal Hamburg

Einblicke in die moderne Logistik

Wenn bis zu 3.500 LKW täglich nur ein Ziel haben, bis zu 22 Mann das Hafenpanorama in 50 m Höhe genießen und bis zu 140 Fahrzeuge Metallkisten durch die Gegend fahren, die Bundesbahn überlange Züge entsendet und die größten Mega-Carrier zu Besuch kommen – dann befinden Sie sich in einem der bedeutendsten Containerterminals des Hamburger Hafens, dem Eurogate CT Hamburg.

Im Mai 2013 besuchten wir mit dem Hafen Hamburg Marketing e.V. das 1,4 Mio. m² große Firmengelände.

Foto: Madle-Fotowelt

Der Hafen

Der Hamburger Hafen ist ein offener Tiedehafen. Er ist der größte Seehafen Deutschlands und nach Rotterdam, der zweitgrößte Hafen Europas. Das 7.187 ha (71.870.000 m²) große Areal ist Teil der Hansestadt Hamburg. Es teilt sich auf in 4.256 ha Landfläche und 2.931 ha Wasserfläche. Bewirtschaftet wird der Hafen durch die Hamburg Port Authority (HPA).

Im Hafen werden alle Arten von Massen- und Stückgütern umgeschlagen, darüber hinaus ist er der wichtigste Transshipment* Hafen Nordeuropas. Allein ein Drittel des Stückgutes welches Hamburg mit großen Carriern erreicht, wird auf Feeder Schiffe zum Weitertransport im Küsten- (Short Sea Verkehr) und Ostseeraum umgeschlagen. << Weitere Informationen >>

Allein im Jahr 2011 liefen 10.100 Schiffe, mit einer Kapazität von 285,3 Mio. Tonnen, den Hamburger Hafen an.

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Kleine Firmengeschichte

Nach der Öffnung der europäischen Märkte setzten sich 1995 zwei Konkurrenzunternehmen an einen Tisch um nach Lösungen zu suchen und den neuen Herausforderungen im Logistikbereich zu begegnen. Vertreter der Containersparte der Bremer Lagerhausgesellschaft (BLG) und Eurokai KGaA kamen zu dem Ergebnis gemeinsam Terminals zu betreiben.

Die Eurogate GmbH & Co. KGaA wurde im Jahre 1999 gegründet und betreibt heute mehr als 9 Terminals. Sie zählt mittlerweile zu den größten Betreibern Europas. Die Gründungsmitglieder BLG und Eurokai halten bis heute jeweils 50 % der Firmenanteile.

Der Eurogate Container Terminal Hamburg (Eurogate CTH) liegt am Südufer des Waltershofer Hafens. Das Hafenbecken mündet genau an einem von fünf Wendepunkten für große Schiffe, direkt am Hauptstrom der Elbe. Der Anschluss an einen Rangierbahnhof und die benachbarte A7 machen von hieraus eine optimale An- und Abfuhr der Container möglich. Dieser Umschlagplatz arbeitet mit einer vollautomatischen Logistik, setzt jedoch nach wie vor auf die manuellen Bewegungen der Güter.

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Paketversand in ganz Groß

Doch wie funktioniert das eigentlich? Wer hat den Überblick und wie gelingt es, dass die Transportobjekte ihr Ziel sicher erreichen?

Wenn wir ein Paket versenden, versehen wir es mit unserem Absender und der Zieladresse. Anschließend bringen wir es zur Post oder dem Versender unseres Vertrauens und bezahlen die Versandgebühr. Heutzutage liest dieser unsere Daten ein und gibt unsere Sendung über sein Verteilsystem weiter.

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Im weltweiten Handel im Containerverkehr gelten dieselben Bedingungen. Beleuchten wir sie einmal etwas näher anhand der Abläufe im Eurogate: Ein Produzent möchte Waren von Hannover nach Hongkong versenden. Die Waren lädt er in einen Container und übergibt diesen an den Spediteur. Ab diesem Moment ist die Versandkette in den Computern gespeichert. Der Spediteur schickt einen LKW um den Container abzuholen und zum Terminal zu bringen. Dort parkt er zunächst in einem Wartebereich, bis ein Be-Entladeplatz frei wird. Am Entladeplatz angekommen meldet sich der Fahrer mit einer Chipkarte an. Die Computer des Eurogates erfassen diese Anmeldung und schicken einen freien Van- Carrier um den Container abzuholen. Ist auf der Chipkarte eine Rückfracht gebucht, wird ein zweiter Carrier mit der Bereitstellung der neuen Ladung beauftragt. Der Carrier erhält mit dem Entladeauftrag die Anweisung, wo er die Fracht abstellen soll. Dieses kann ein Lagerplatz sein oder optimal, just-in-time eine Containerbrücke am Kai.

Die Software hat hierbei einiges zu leisten. Hier nur drei Parameter: der Zielhafen, das Gewicht, die Containergröße und Art (Standardcontainer, Sondercontainer oder Projektladung)

Diese drei Parameter mögen für sich betrachtet einfach erscheinen. Berücksichtigen wir aber, dass die großen Carrier weit über 10.000 Container laden können, auf dem Schiff die Ladungen bereits für Zielhäfen vorsortiert sind und die Ladungsverteilung auch die Statik des Schiffes berücksichtigen muss ist es eine beachtliche Leistung, welche die Disponenten erbringen.

Arbeitsumfeld

Ein Mega-Carrier macht am Kai fest und die Zeit beginnt zu laufen. Liegezeit kostet Geld – Zeit in der ein Schiff nichts verdient. Somit sind es die Logistiker des Terminals, welche diese Zeiten minimieren müssen. Entsprechend ist der Druck bei allen beteiligten groß den Kunden (das Schiff) schnell wieder los zu werden. In diesem Fall absolut positiv gemeint. Schnelle und zuverlässige Abfertigung sind das Aushängeschild der Terminalbetreiber.

Jede Containerbewegung ist Präzisionsarbeit, vom Brücken- bis zum Van-Carrier-Fahrer werden in jeder Sekunde Höchstleistungen und absolute Konzentration erwartet. Im Durchschnitt wird alle 2 Minuten ein Container pro Brücke entladen und im Hintergrund in die richtige Park-/Verladeposition verbracht.

Alle 2 Minuten ein Container hört sich vielleicht wenig an, doch wer diese Leistung richtig einschätzen möchte sollte einmal die ma-co (Maritime Coorparation) besuchen. Hier befindet sich der einzige Brückensimulator Norddeutschlands. Machen Sie eine Probefahrt. Schaffen Sie diese bei simuliertem optimalem Wetter unter 4 Minuten sollten Sie über einen Arbeitsplatzwechsel nachdenken. Bekommen Sie bei simuliertem Sturm und Regen überhaupt einen Container von Bord? – Auch diese Rahmenbedingungen gehören zur 2 Minuten Statistik.

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Der Arbeitsplatz der Brückenführer befindet sich in 50 m Höhe. Von dort aus steuern sie die 1.800 t schweren und 80 m hohen Maschinen. Der 62 m lange Ausleger kann hierbei 22 Containerreihen überbrücken. Bis zum Jahr 2005 war es nicht möglich bei Unfällen oder Erkrankung die Personen direkt aus der Kabine zu retten. Die einzige Möglichkeit bestand im Abseilen der Betroffenen. Erst seit Einführung der Höhenrettungsfahrzeuge (2005) bei der Berufsfeuerwehr Hamburg können deren Teleskopmasten die Höhen erreichen und die Zeit und Gefahren minimieren.

Landseitig übernehmen Van Carrier die Ladung und bringen sie zu den Lagerorten oder den Verladepunkten. Sie sind bis zu 70 t schwer und können bis zu 50 t Fracht heben. Im Einsatz sind Fahrzeuge, welche drei bzw. vier Ebenen hoch stapeln können.

Gearbeitet wird auf den Carriern und Brücken in 4 Personen Teams. Ein Arbeitszyklus dauert 2 Stunden gefolgt von einer 40 minütigen Pause. Aufgrund der erforderlichen höchsten Präzision der Arbeit, werden regelmäßig Drogentests durchgeführt. Die zu kontrollierenden Personen werden hierbei im Losverfahren ausgewählt. Der Beruf des Fahrzeugführers ist längst keine Männerdomäne mehr. Auf den Carriern im Eurogate CTH arbeiten mittlerweile auch 40 Frauen.

Die Frage nach den Voraussetzungen für den Beruf beantwortete Eurogate mit den Worten: „Eine abgeschlossene Berufsausbildung!“ Dieses ist wörtlich zu nehmen. Sie haben eine Ausbildung als z.B. Bäcker abgeschlossen? – Dann erfüllen Sie schon die Grundvoraussetzungen.

Auf dem Eurogate CTH gibt es nur 5 Tage pro Jahr an denen die Arbeit ruht (1. Weihnachtstag, Neujahr, 1. Mai, Pfingst- und Ostersonntag). Eine weitere Einschränkung gilt für die LKW, aufgrund des Wochenendfahrverbotes. Für sie ist die Anfahrt lediglich von Montag 6:00 Uhr bis Samstag 12:00 Uhr möglich.

Aktuell baut Eurogate auf seinem Gelände eine Windkraftanlage um seine Stromversorgung zu sichern – ein Schritt in Richtung Green Logistik?

Wir haben auf dem Eurogate Container Terminal Hamburg einen 7hx24hx360Tg Betrieb kennengelernt. Arbeitsabläufe, welche an Präzision beeindruckend sind. Umschlagmengen und Maschinendimensionen, welche sich nur schwer in Worte fassen lassen.

Wir bedanken uns bei Eurogate GmbH & Co. KGaA für die vielen Informationen und bei Hamburg Hafen Marketing für die Möglichkeit zu dieser Reportage.

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Einige Zahlen zum Eurogate Container Terminal Hamburg:

2.080 m Kailänge, 1,4 Mio m² Terminalfläche, 6 Liegeplätze, 23 Containerbrücken davon 19 für Post-Panamax*² Schiffe, LKW Durchsatz max. 3.500 p. Tag, 140 VAN Carrier, Containerumschlag 2,7 Mio TEU*³ 2008 (aneinandergereiht entsprechen die Containerlängen  fast dem halben Erdumfang, 16.356,6 km)

* Transshipment: Weiterverteilung von Seetonnagen per Schiff von großen in kleine Häfen.

*² Postpanamax: Bezeichnung für Schiffe, welche die Schleusen des Panama Kanals auf Grund ihrer Abmessungen nicht passieren können, somit eine oder alle folgenden Masse überschreiten: Länge 305 m; Breite 33,5 m; Tiefgang 12,2 m

*³ TEU: Twenty-foot Equivalent Unit, ein Container mit einer Länge von 20 Fuß (6,058 m). Verwandter Begriff FEU Fourty-foot Equivalent Unit, ein Container mit einer Länge von 40 Fuß (12,192 m)

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(Jürgen Scholüke von madle-fotowelt)